Kai Kröger Verlag

Roger Morrison
Methoden der homöopathischen Fallanalyse

Kurzbeschreibung

Das Wissen um die in diesem Klassiker dargestellten unterschiedlichen Ansätze, Patientenfälle in der homöopathischen Praxis zu analysieren, danken wir G. Vithoulkas, dem großen Meister der Homöopathie. R. Morrison genoß das Privileg, zwei Jahre lang mit Vithoulkas in Griechenland zusammenzuarbeiten und in dieser Zeit Tausende von Patienten zu sehen. Hier sammelte Dr. Morrison das Arbeitsmaterial zum Thema dieses Buches. Mit den durch Dr. Morrison systematisierten Methoden der homöopathischen Fallanalyse verfügt der klassische Homöopath über ein Werkzeug, das sich vor allem bei der Lösung schwieriger Fälle als segensreich erweist.



 
2. Meth. Fallanalyse Einführung

Das Wissen um die in diesem Buch dargestellten unterschiedlichen Herangehensweisen, PatientenFälle in der homöopathischen Praxis korrekt zu analysieren, danken wir Georgos Vithoulkas, dem griechischen Großmeister der Homöopathie..

Roger Morrison hatte das Privileg, zwei Jahre lang eng mit Vithoulkas in Griechenland zusammenzuarbeiten und in dieser Zeit tausende von Patienten zu sehen. Hier sammelte Dr. Morrison das Analysematerial, das uns nun in diesem Buch zur Verfügung steht.

Mit den durch Dr. Morrison systematisierten Methoden der homöopathischen Fallanalyse hält der klassisch therapierende Homöopath ein Werkzeug in Händen, das ihm dabei behilflich ist, vor allem auch schwierige Fälle in den Griff zu bekommen. Die Patienteninformationen können der jeweilig in Frage kommenden Analysemethode korrekt zugewiesen werden, womit sich die "Treffsicherheit" der gewählten Arznei signifikant erhöht. Gleichzeitig verringert sich aber auch das Risiko, die Symptome des Patienten durch ein nur partiell deckendes Mittel zu unterdrücken und unter ihnen Verwirrung zu stiften. Die verschiedenen Schritte der Fallanalyse sind durch Beispiele aus der Praxis veranschaulicht. Zu der Sammlung wertvoller therapeutischer Ratschläge, die ebenfalls in dieses Buch aufgenommen wurden, zählt auch ein ausgezeichneter Exkurs von Dr. Bill Gray, Roger Morrisons erstem Homöopathie-Lehrer. Dr. Gray grenzt in seinem Beitrag die homöopathische Symptomunterdrückung gegenüber der Verwirrung der Fallsymptomatik ab



Inhalt

VORWORT DES HERAUSGEBERS 9

EINFÜHRUNG 11

LEHRJAHRE IN GRIECHENLAND 13

HomöopathISCHER TEST 27

SCHEMA DER FALLANALYSE - EIN ÜBERBLICK 34


SCHRITT 1 ESSENZ, TOTALITÄT, LEITSYMPTOM 42


SCHRITT 2
ESSENZ & TOTALITÄT bzw. ESSENZ & LEITSYMPTOM 44
ZU SCHRITT 2 (E&LS)
MIGRÄNE 44
ZU SCHRITT 2 (E&LS)
PHOBIEN 55
ZU SCHRITT 2 (E&LS)
BRONCHITIS 72
ZU SCHRITT 2 (E&LS)
FAZIALISPARESE 77
ZU SCHRITT 2 (E&LS)
NEURASTHENIE 80


SCHRITT 3
TOTALITÄT UND LEITSYMPTOM 91
ZU SCHRITT 3 (T&LS)
ASTHMA 91


SCHRITT 4
ESSENZ 96
ZU SCHRITT 4 (ESSENZ)
ALLERGIEN 96
ZU SCHRITT 4 (ESSENZ)
HYPERAKTIVITÄT 107


SCHRITT 5
TOTALITÄT DER SYMPTOME 111
ZU SCHRITT 5 (TOTALITÄT)
EKZEM 116

SCHRITT 6
ZU SCHRITT 6 (VERLÄSSLICHE SYMPTOME)


SCHRITT 7
DER PATHOLOGISCHE SCHWERPUNKT 131
SCHRITT 8 DIE ERST KÜRZLICH AUFGETRETENE 132

SCHRITT 9
DREI LEITSYMPTOME AUS UNTERSCHIEDLICHEN BEREICHEN 132
ZU SCHRITT 9 (DREI LEITSYMPTOME AUS UNTERSCHIEDLICHEN BEREICHEN)
SÄUGLINGSEKZEM 132
ZU SCHRITT 9 (DREI LEITSYMPTOME AUS UNTERSCHIEDLICHEN BEREICHEN)
ALLERGIE 141


SCHRITT 10
LEITSYMPTOMATISCHE ESSENZ 144
ZU SCHRITT 10 (LEITSYMPTOMATISCHE ESSENZ)
NEURASTHENIE 144
ZU SCHRITT 10 (LEITSYMPTOMATISCHE ESSENZ)
GENERALISIERTER LUPUS 147
ZU SCHRITT 10 (LEITSYMPTOMATISCHE ESSENZ)
LÄRMEMPFINDLICHKEIT 152


SCHRITT 11
DOPPEL- UND DREIFACH-SYMPTOMVERBINDUNGEN 155
ZUZUZU SCHRITT 11 (DOPPEL- UND DREIFACH-SYMPTOMVERBINDUNGEN)
ISCHIAS 155


SCHRITT 12
DREI LEITSYMPTOME AUS EINEM BEREICH 158
ZU SCHRITT 12 (3 LS/1 BEREICH)
EKZEM 158


SCHRITT 13
KOMBINIERTE ARZNEIEN 161
ZU SCHRITT 13 (KOMBINIERTE ARZNEIEN)
URTIKARIA 161
ZU SCHRITT 13 (KOMBINIERTE ARZNEIEN)
ASTHMA 165
ZU SCHRITT 13 (KOMBINIERTE ARZNEIEN)
HYPERTONIE 168


SCHRITT 14
ZWEI LEITSYMPTOME 169
ZU SCHRITT 14 (ZWEI LS)
HIATUSHERNIE 170


SCHRITT 15
NOSODE 172
ZU SCHRITT 15 (NOSODE)
AGORAPHOBIE 172


SCHRITT 16
EIN EINZIGES LEITSYMPTOM 175


SCHRITT 17
KLÄRUNG DES FALLES 176


VITHOULKAS' METHODEN DER FALLANALYSE - IM ÜBERBLICK 180

RATSCHLÄGE 185

HomöopathISCHE HAUSAPOTHEKE 186

AMALGAM UND HomöopathISCHE BEHANDLUNG 193

ZUR VERWENDUNG VON PLAZEBOS 193

STRATEGIEN DER BEHANDLUNG VON EPILEPSIE 195

PARALLELE HomöopathISCHE UND ALLOPATHISCHE BEHANDLUNG 196

HomöopathISCHE BEHANDLUNG UND ANTIDOTE 198

DIE "STOLEN ESSENCES" 200

ZU DEN ESALEN-AUFZEICHNUNGEN 200

WIE MAN DIE HomöopathIE STUDIEREN SOLLTE 201

DIE ABGRENZUNG VON SYMPTOMUNTERDRÜCKUNG GEGENÜBER FALLVERWIRRUNG 206




Leseprobe

ZU SCHRITT 2 (E&LS): FAZIALISPARESE

Es handelt sich hier um einen meiner ersten Fälle, die ich behandelte. Dies ist der Fall einer Frau von etwa 35 Jahren. Die Frau suchte mich auf, weil sie an einer Lähmung des Nervus fazialis der rechten Gesichtshälfte litt, die mit dem Bell-Phänomen einherging: Bei dem Versuch, das Auge zu schließen, blieb die Lidspalte der gelähmten Gesichtsseite offen, so daß der nach oben verdrehte Augapfel - dies als Folge des Ausfalls des Musculus orbicularis oculi - sichtbar wurde. In jener Zeit, da sie mich aufsuchte, hatte ich mein Sprechzimmer im gleichen Haus, in dem ich auch wohnte. Ich war damals recht jung, etwa 23 oder 24 Jahre alt. Ich ließ die Dame herein, und beim ersten Anblick dachte ich: "Du meine Güte, die ist sicher ein Hollywood-Filmstar!" Sie trug eine Sonnenbrille, einen sehr kurzen Rock und hatte wundervolles langes Haar - insgesamt war die Frau eine ausgesprochene Schönheit! Die Begegnung mit ihr machte mich recht schüchtern, wie Sie sich sicherlich vorstellen können! Ich brachte die Dame in mein Sprechzimmer, und in dem Augenblick, als ich die Tür geschlossen hatte, kam mir der Gedanke: "Vielleicht sollte ich doch lieber - für alle Fälle - die Tür offen lassen, damit ich, falls sie versucht, mich zu verführen, schnell raus kann..." Zurück zur Pathologie des Falles: Die Gesichtslähmung bestand bereits seit drei oder vier Monaten. Ich nahm in meine Anamnese alle Modalitäten der Lähmung auf und repertorisierte den Fall, und im wesentlichen kam als Ergebnis Causticumheraus. Daraufhin bat ich sie, mir etwas über sich und ihre Gemütsverfassung zu erzählen. Sie berichtete, sie sei geschieden. Beruflich leite sie Gruppen von Personen, die sich spirituell entwickeln wollten. Die Dame unterrichtete Menschen also darin, wie sie sich spirituell am besten weiterentwickeln könnten. Sie gab an, diesen Leuten sehr oft etwas über ihre vergangenen Inkarnationen erzählen zu können - darüber, was sie in Vorleben getan hätten, und in welcher Weise diese Taten vergangener Leben ihr gegenwärtiges Dasein beeinflussen würden. Ich fragte sie, weshalb sie geschieden sei. Der Grund, sagte sie, liege darin, daß ihr Ehemann sie nicht verstand. "War er denn gemein oder häßlich zu Ihnen?" fragte ich sie. - "Nein, er verstand mich nur ganz einfach nicht." - "Sie meinen, er war dem Alkohol verfallen oder betrog Sie mit anderen Frauen?" - "Nein, keineswegs. Er ist ein sehr netter Mensch. Er kommt sofort, um mir zu helfen, wann immer ich ihn brauche." Ich fragte sie, ob sie seit ihrer Scheidung andere Liebesbeziehungen gehabt habe. "Der eigentliche Grund, weshalb mein Mann und ich uns scheiden ließen", antwortete sie, "war der, daß ich einem anderen Mann begegnete - einem sehr gutaussehenden Mann, der zehn Jahre jünger ist als ich. Dieser Mann und ich lebten etwa ein Jahr lang zusammen. Er war Rauschgifthändler, und das war auch letztendlich der Grund, weshalb ich ihn schließlich verlassen mußte." Auf meine Frage, wie denn die Beziehung zu diesem Mann ausgesehen habe, erfuhr ich die folgenden Zusammenhänge: Die beiden wohnten in ihrem Appartment, und die Kunden des Mannes suchten sie auf, um Rauschgift zu kaufen. In der Zwischenzeit, wenn sie allein waren, gaben sie sich exzessiv dem Sex hin - drei-, vier-, ja fünfmal am Tag, und das einen Tag um den anderen. Dabei konsumierten sie eine erhebliche Menge Drogen, oder korrekter ausgedrückt: Der Liebhaber brauchte viele Drogen, sie selbst praktisch nie, wie sie mir erzählte. Sie wurde schließlich durch diesen Lebenswandel krank, und er warf sie aus der Wohnung mit den Worten: "Ich habe keine Lust, mir eine kranke und alte Frau ans Bein zu binden und mit mir durch mein Leben zu schleppen!" Bald nach diesem Ereignis entwickelte sich bei ihr die Gesichtslähmung. Ich saß recht ratlos da und wußte nicht, was ich von diesem Fall halten sollte. Ich schaute ins Repertorium und suchte die Rubrik Gesichtslähmung auf, konnte jedoch kein Mittel finden, das mich vollauf zufrieden stellte, und so gab ich der Frau schließlich Causticum - ohne jede Wirkung. Daraufhin erhielt sie Nux vomica - wieder keinerlei Wirkung. Ich war am Ende meiner Weisheit. Schließlich las ich die Vorlesungen von Vithoulkas über Platina, in denen er erwähnt, daß dieses Mittel für viele Fälle von Bell-Phänomen dieses Mittel angezeigt sei. Das war der große Aha-Effekt, und ich war mir sicher, endlich das richtige Mittel gefunden zu haben. Ich gab der Dame, die mittlerweile bereits seit acht oder neun Monaten an der Gesichtslähmung litt, Platina 1M. Eine Woche später erhielt ich von ihr einen Anruf: "Ihre Medizin wirkt!" Ich bestellte sie in die Sprechstunde und stellte fest, daß die Paralyse zu praktisch 95 Prozent verschwunden war. Nur noch ein Anflug der ursprünglichen Gesichtslähmung war übriggeblieben. Sie können sich meine Freude über diesen Erfolg der Homöopathie sicher gut vorstellen! Zwei oder drei Wochen später rief mich die Patientin erneut an: "Kann die Arznei, die Sie mir gegeben haben, irgend etwas damit zu tun haben, daß mein sexuelles Verlangen abgenommen hat?" Wie ich schon sagte, fand dieses Episode zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn als Homöopath statt, und so sagte ich ihr ehrlich aber naiv die Wahrheit - was in diesem Fall ein großer Fehler war. Ich antwortete ihr also: "Ja, das ist sehr gut möglich, denn Platina ist ein Mittel für Menschen, die einen zu starken Geschlechtstrieb haben. Jetzt dürfen wir davon ausgehen, daß Ihr Geschlechtstrieb sich normalisiert hat." - "Normal, sagen Sie?!" antwortete mir die Frau erschüttert. "Wissen Sie, daß ich jetzt nur noch zwei- bis dreimal in der Woche Lust auf einen Mann habe?!" Der nächste Anruf kam etwa einen Monat später: "Die Lähmung ist wieder da!" - "Wie ist das möglich!?" Ich war verblüfft. - "Ich habe wieder Kaffee getrunken." - "Wieviel Kaffee trinken Sie denn jetzt?" - "Oh, zehn bis zwölf Tassen am Tag. Außerdem habe ich Kampfer benutzt und damit ein Kampferbad genommen." Sie hatte sich in der Badewanne stundenlang mit Kampfer fürmlich vollgesogen. Denn sie hatte absichtlich das Mittel antidotieren wollen, um den Sexualtrieb wieder auf den alten "Stand" zu bringen. Ich sagte ihr, daß ich das Mittel wiederholen wolle. "Gibt es dann kein anderes Mittel für mich?" fragte sie zweifelnd. - "Nein, dies ist das einzige Mittel, das bei Ihnen wirken wird. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Ihr Geschlechtstrieb wird sich nur für die Dauer eines Monats verringern. Bitte halten Sie noch einen weiteren Monat durch! Danach wird er Ihnen wieder in alter Intensität zur Verfügung stehen." Sie nahm also wieder Platina, und innerhalb von zwei oder drei Tagen war die Gesichtslähmung vollkommen verschwunden. Die Menschen, die sie kannten, wußten übrigens zu berichten, daß die Dame jetzt viel weniger Hochmutan den Tag legte als früher. Sie müssen sich das einmal vorstellen! Meine Patientin hatte, ohne irgendein Studium, ohne irgendeine Ausbildung oder einen Abschluß in dieser Richtung absolviert zu haben, Menschen darin unterrichtet, wie man sich spirituell entwickelt - was impliziert, daß sie sich selbst als auf dem spirituellen Wege fortgeschritten betrachtete. Daran läßt sich die große Arroganz von Platinaerkennen. Etwa zwei Monate später begegnete ich ihr zufällig auf der Straße. Die Gesichtslähmung war zurückgekommen. Sie lächelte mich mit der gesunden Gesichtshälfte an und sagte sehr bedeutsam und mit einem Schulterzucken nur das eine Wort: "Kaffee!"

Dieser Fall lehrt uns etwas sehr Wichtiges. Wenn uns eine Platina-Patientin nach Einnahme ihres Heilmittels fragt, ob das Mittel etwas damit zu tun habe, daß ihr Geschlechtstrieb abgenommen habe, so müssen wir das im Brustton der Überzeugung und mit aller Entschiedenheit leugnen: "Das kann nur purer Zufall sein!"


 
236 Seiten | Hardcover | Preis: Euro 27,- | ISBN 978-3-9801945-0-1